Liebe zwischen Himmel und Hölle von Günther Hennecke Foto: Christoph Krey
Die Liebe ist ein Spiel. Oft engelsgleich, oft teuflisch. Vor allem ist sie schwankend, wenig verlässlich und verführerisch. Shakespeares Sonette, 154 an der Zahl, bieten einen Spannungsbogen aller Spielarten der Liebe – Leidenschaft, Betrug und Paradies. Zudem sind sie witzig, voller Ironie, aber auch voller Bosheiten. Das muss, auch wegen des melodischen Rhythmus‘ der Sonette, Schauspieler wie Musiker geradezu einladen und verführen, in diese Shakespeare-Welt einzutauchen.
Das Musik-Quintett „Mellow Melange“ hat sich rangetraut – und, gemeinsam mit der Schauspielerin Petra Janina Schultz, einen ebenso traumhaft poetischen wie zugleich kratzigen Abend auf die Bühne gezaubert. Nimm mich hin. Dein Will. Das Programm der musikalisch-schauspielerischen Szenen lässt gleich das Doppeldeutige mancher Sonette erahnen. Vier Musiker, dazu die Sängerin Sonja Firker, zaubern mit einem Dutzend Instrumenten, je nach poetischer Wetterlage, aus 21 Sonetten ganze Gefühlswelten heraus.
Verblüffend genug: Mit drei Blockflöten beginnt‘s, ergänzt um Klarinette und Gitarre. Es ist ein zarter, ein geradezu bukolisch-friedlicher Start in die Welt der Liebe. Doch gleich zu Beginn beschwört Petra-Janina Schultz auch das Spannungsfeld zwischen Himmel und Hölle, Engel und Teufel, Verführung und echter Liebe. Mitreißend wie sie, gemeinsam mit der ungeheuer gefühlvoll singenden Sonja Firker, die zudem noch Violine, Blockflöte und Autoharb zum Klingen bringen kann, die Sonette in köstliche, zart-erotische Bilder einfließen lässt. Wenn die beiden Frauen Shakespeares zweifellos vielfach auch homophil anmutenden Zeilen singen und rezitieren, sind ihre körperlichen Annäherungen ebenso mitreißend deutliche wie unverfänglich zärtliche Momente.
Betont die Blockflöte den Beginn der Liebe, geben später Kontrabass, Saxophon und Bratsche den melancholischen Ton vor. Doch immer ergeben Musik und Gesang, Rezitation und szenische „Übersetzungen“ der Texte in Bilder eine in sich geschlossene Welt – eine Welt kunstvoll überhöhter Menschlichkeit. Wenn sich dann die Truppe, kurz vor der Pause, in grandiose Jazz–Soli hinein steigert, ist der musikalische Höhepunkt erreicht.
„Ich will so schreiben, wie ich liebe“, wird aus einem Sonett zitiert. Das Sextett, voller Spiel- und Song-Lust, spielt und singt so, dass man die Liebe geradezu körperlich spürt. Und sei es, dass sie in die Hölle der Enttäuschung führt.
Mit traumhafter Sicherheit singt, tanzt und bewegt sich Sonja Firker. Angeregt, ja "verführt" wird sie dazu von vier Männern, die spürbar dem Genius Shakespeare huldigen. Matthias Schinkopf ist ein grandioser Saxophonist, Percussionist und Meister der Querflöte. Ingo Höricht, der die meisten Kompositionen beigesteuert hat, ist genial mit Gitarre, Geige und Bratsche unterwegs. Michael Berger entlockt dem Klavier zarteste Liebes-Töne, während David Jehn mit dem Kontrabass die melancholischen Töne zum Klingen bringt.
Ein wundervoller, zauberhaft poetischer Abend, an dem sich Poesie und Musik zu einer packenden Einheit zusammenfinden. Langer, sehr berechtigter Jubel. Das „Globe“ erzitterte unterm Beifall-Getrampel der 500 Besucher.
P. S.: Apropos „Mellow Melange“. Der Name ist, so das Team, „Programm“. Dabei lässt es offen, ob „mellow“ saftig, süß oder vollmundig meint. Oder auch „mürbe“ oder gar „benebelt“. Halten wir es mit der "Melange": Die „Mischung“ macht’s. Und sie erweist sich als blendend.
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