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[ Aktuell ]

Pressebericht von unserem Auftritt beim Shakespeare Festival in Neuss
O-Ton, das Kulturmagazin mit Charakter schreibt:
NIMM MICH HIN, DEIN WILL! (Mellow Melange)
Besuch am 15. Juni 2018 (Einmaliges Gastspiel)
Shakespeare-Festival Neuss, Globe- Theater

Gerade eine Woche ist es her, dass Petra-Janina Schultz als Herzogin von Cambridge in dem Stück King Charles III, mit dem das Shakespeare-Festival eröffnete, das Publikum begeisterte. Jetzt ist die Schauspielerin aus dem Ensemble der Bremen Shakespeare Company kaum wiederzuerkennen. Nicht mehr in Blankversen gefangen, spielt sie locker auf und eröffnet einen Konzertabend, den man so noch nicht
erlebt hat. Ihre These lautet, Deutschland habe drei wichtige Dichter: Goethe, Schiller und Shakespeare. Und damit ist das Eis gebrochen.
Schultz erklärt dem Publikum auch gleich, warum Gymnasiallehrer seit Generationen so scharf auf die Sonette von William Shakespeare sind. Es gibt kaum Saftigeres als diese Form der Poesie, verkleidet in gleichmäßiger Metrik. Da werden gleich zwei Geschlechter angebetet, Selbstzweifel in der Liebe aufgespießt und der Ironie keine Grenzen gesetzt. 154 Sonette hat Shakespeare ins rechte Maß gesetzt,
21 davon hat die Band Mellow Melange für ihr Programm ausgewählt, das bereits auf CD veröffentlicht ist. Das Album hat prompt einen Preis eingeheimst.
Aber im Neusser Globe-Theater wird nicht einfach das Programm heruntergespult. Vielmehr erlebt das Publikum, was es beispielsweise in Opernhäusern vergeblich sucht. Mellow Melange hat fröhlich drauflos komponiert und die Sonette in musikalische Höhepunkte übersetzt. Schultz wiederum übersetzt die Texte ins Deutsche und lässt das Publikum so an den Einfällen Shakespeares teilhaben. Bunt wird es, dramatisch, lebhaft, abwechslungsreich. Die Schauspielerin wirft der Band die Bälle zu.
Und Mellow Melange nimmt sie dankbar auf, antwortet mit einem ganzen Instrumentenpark. An vorderster Front steht Sonja Firker. Die Sängerin und Violinistin, die auch gleich noch Blockflöte und Autoharp spielt, singt die Sonette in wunderbaren Farben. Hier klingt nicht eins wie das andere, aber jedes schöner als das zurückliegende. Michael Berger findet am Flügel Töne bis hin zum Griff in die Saiten. Matthias Schinkopf unterstützt ihn an einer unglaublichen Vielzahl von Blasinstrumenten. Vom Tenor- und Altsaxofon über verschiedene Flöten, dann aber auch im Percussion-Bereich lässt sich Schinkopf auf das Spiel ein. David Jehn ist am Kontrabass, dem Hapi, der Mandoline, der Gitarre und selbstverständlich auch an der Blockflöte zu Hause. Letzteres übrigens ein Instrument, das die Band erstmalig in diesem Programm einsetzt. Am eindrucksvollsten ist vielleicht Ingo Höricht, der vollständig ohne Notenblätter auskommt, aber virtuos Gitarre, Bratsche und Geige beherrscht. Ganz nebenbei ist er auch der Hauptkomponist der Gruppe.
Bei einer solchen Melange kommt ein fabelhafter Klang heraus, der sich zwischen Jazz, Klassik, Pop, Soul und Folk einordnet. Hier gibt es keine Genre-Grenzen, so genannte E- und U-Musik verwischt vollkommen zugunsten des Themas. Während Schultz die Texte auf Deutsch voller Spannung und Dramatik deklamiert, setzt Firker hochmelodiöse englische Texte dagegen. Und es gelingt den Musikern, die Luft in flirrende Erotik zu versetzen.
Gymnasiallehrer sind eben klüger als andere Menschen und haben so längst die Deftigkeit Shakespearscher Texte erkannt. „Lieber schlecht sein, als bloß für schlecht zu gelten. Wenn man sich schon, weil ich’s nicht bin, so nennt, und uns die Lust verdirbt, weil and’re schelten, was unser Fühln doch nur als gut erkennt“, na dann sind doch wohl alle Grenzen geöffnet. Wenn das Festival einen Pulsschlag hat, ist an diesem Abend der Grad erreicht, an dem Herzkranke vorsichtig werden sollten, weil er in bedenkliche Höhen getrieben wird. Eine A-cappella-Zugabe rundet einen vollends gelungenen Abend ab.
Das Publikum im endlich vollbesetzten Globe-Theater weiß gar nicht, wohin mit seiner Begeisterung. Zwischenapplause sind dieser Begeisterung geschuldet, ob sie nun passen oder nicht. Und dass am Ende die Bohlen von den Fußtritten dröhnen, ist auch keine Überraschung mehr.
Da fühlt sich Schultz am Ende bemüßigt, sich noch einmal bei der Organisation des Festivals explizit zu bedanken. Eine schöne Geste, die dem Geist des Festivals entspricht.

Michael S. Zerban


 
 
Letzte Aktualisierung:
Oktober 2023

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